Rathaus der Stadt Bad Camberg

Vorläufige Anordnung gemäß § 88 Nr. 3 in Verbindung mit § 36 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG)


Im Unternehmensflurbereinigungsverfahren UF 1896, OU Bad Camberg - B 8 ergeht folgende 

I           Vorläufige Anordnung 

  1. Gemäß § 88 Nr. 3 in Verbindung mit § 36 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) wird den Eigentümern und Nutzungsberechtigten der nachfolgend bezeichneten Grundstücke oder Grundstücksteile, die vom Neubau der Bundesstraße 8, Bauabschnitts B1a und B3a betroffen sind, zum Zweck des Baus dieser Anlage und den damit verbundenen Kompensationsmaßnahmen ab dem 07.09.2023 Besitz und Nutzung an den betroffenen Flächen entzogen und zum selben Zeitpunkt die Bundesrepublik Deutschland Straßenbauverwaltung, vertreten durch Hessen Mobil Dillenburg, in den Besitz dieser Flächen eingewiesen.  
    Der Besitz- und Nutzungsentzug beeinträchtigt die Eigentumsrechte nicht. Diese werden in weiteren Abschnitten im Flurbereinigungsverfahren geregelt.  

  2. Die von dieser Anordnung betroffenen Flurstücke sind unter Angabe der Größe der dauerhaft zu entziehenden und der vorübergehend zu entziehenden Flächen in der Anlage 1 aufgelistet. Die Anlage 1 ist Bestandteil dieser vorläufigen Anordnung.  Die Lage dieser Flächen ist in der Übersichtskarte (Anlage 2) kenntlich gemacht. Die Anlage 2 ist nicht Bestandteil dieser vorläufigen Anordnung. Die großmaßstäbigen Grunderwerbspläne mit genauerer Abgrenzung werden an den unter Abschnitt IV. Hinweise, Absatz 2. und 3. aufgeführten Stellen zur Einsichtnahme ausgelegt. 

  3. Diese vorläufige Anordnung ist längstens wirksam bis zum Erlass eines anderen Verwaltungsaktes, zum Beispiel der vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG oder der Ausführungsanordnung nach § 61 FlurbG beziehungsweise der vorzeitigen Ausführungsanordnung nach § 63 FlurbG, der eine unmittelbare Rechtswirkung auf Besitz oder Eigentum hat. Der Nutzungsentzug an den vorübergehend in Anspruch genommenen Teilflächen erfolgt für die Dauer der tatsächlichen Nutzung durch die Straßen- und Verkehrsverwaltung. Sollte der Besitz- und Nutzungsentzug aufgrund von Verzögerungen nicht zu dem oben genannten Zeitpunkt notwendig sein, kann die Flurbereinigungsbehörde die Wiederaufnahme der Bewirtschaftung der Grundstücke genehmigen beziehungsweise anordnen. 

  4. Der Träger des Unternehmens, hat für die den Beteiligten in Folge dieser vorläufigen Anordnung entstandenen Nachteile Entschädigung in Geld zu leisten; dies gilt nicht, soweit die entstandenen Nachteile durch die vorläufige Bereitstellung von Ersatzflächen ausgeglichen werden. 

II          Entschädigung 

  1. Soweit der Träger der Maßnahme über Eigentumsflächen und Flächen aus dem Verzicht auf Landabfindung nach § 52 FlurbG außerhalb der in Anspruch genommenen Flächen verfügt, werden Ersatzflächen zur Verfügung gestellt. 

  2. Den Betroffenen wird eine Entschädigung für die durch die vorläufige Anordnung entstehenden Nachteile gezahlt. Die Entschädigung wird für den Zeitraum der gesicherten Rechtsposition, spätestens bis zu dem Jahr des Besitzüberganges entsprechend des aktuellen Gutachtens gezahlt.

  3. Für Feldfrüchte, deren Ernte bis zum Tag der Inanspruchnahme nicht möglich ist, kann auf Antrag eine besondere Entschädigung festgesetzt werden. 

Begründung

Der Erlass dieser vorläufigen Anordnung erfolgt auf Antrag der Bundesrepublik Deutschland vertreten durch Hessen Mobil Dillenburg, endvertreten durch die Hessische Landgesellschaft mbH, vom 20.06.2023. 

Das Flurbereinigungsverfahren UF 1896 OU Bad Camberg – B 8 ist eine Unternehmensflurbereinigung, die nach den Bestimmungen der §§ 87 ff FlurbG durchgeführt wird. Gemäß § 88 Nr. 3 FlurbG in Verbindung mit § 36 FlurbG ist die Flurbereinigungsbehörde ermächtigt aus dringlichen Gründen vor der Ausführung des Flurbereinigungsplanes den Besitz oder die Nutzung von Grundstücken zu regeln.  

Nach § 19, Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetz ist für die Ausführung von planfestgestellten Bauvorhaben eine Enteignung zulässig.  

Die Unternehmensflurbereinigung soll den für die Betroffenen entstehenden Verlust von Flächen, die für den Neubau der Ortsumgehung Bad Camberg – B 8 benötigt werden, auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilen. Ferner sollen existenzgefährdende Eingriffe und die zu erwartenden agrarstrukturellen und betriebswirtschaftlichen Nachteile, die durch das Unternehmen entstehen, vermieden werden.

Die Voraussetzungen zum Erlass einer vorläufigen Anordnung sind gegeben, da

  1. die Planfeststellung für die Ortsumgehung am 31.01.2017 Bestandskraft erlangt hat (Az. -VI 1-2 – 61 k 06 # 2.095 -),
  2. das Flurbereinigungsverfahren auf Antrag der Enteignungsbehörde – Regierungspräsidium Gießen – mit Beschluss der Oberen Flurbereinigungsbehörde, dem Hessischen Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation, am 14.06.2010 angeordnet wurde, am 05.10.2017 für sofort vollziehbar erklärt wurde,
  3. der Änderungsbeschluss Nr. 1 vom 15.03.2019 Bestandskraft erlangt hat,
  4. die Beweissicherung der betroffenen Flächen im Vorfeld stattgefunden hat,
  5. die Dringlichkeit gegeben ist.

Planungsziel für die Ortsumgehung ist die Verbesserung der Leistungsfähigkeit zur Bewältigung der gegenwärtigen und zukünftig zu erwartenden Verkehrsentwicklung. Des Weiteren werden die Ortslagen von lärm- und schadstoff- bedingten Immissionen entlastet, die von hohen Verkehrsmengen mit erheblichem Schwerlastverkehrsanteil ausgehen. 

Die Maßnahme wird in mehreren Bauabschnitten ausgeführt werden. Alle für die Baudurchführung notwendigen Baustelleneinrichtungsflächen und Zuwegungen sind ebenfalls in den Grunderwerbsunterlagen (Planfeststellungsunterlagen) enthalten.

 

Die mit dieser Anordnung in den Besitz einzuweisenden Flächen werden für die Bauarbeiten für die Bauabschnitte B1a und B3a benötigt. Die Einhaltung des Bauzeitenplans ist aus wirtschaftlichen und technischen Gründen unbedingt erforderlich und setzt die Verfügbarkeit der genannten Fläche zum 07.09.2023 voraus. 

Die Inanspruchnahme liegt sowohl im Interesse des Unternehmensträgers, als auch in dem der Gesamtheit der Teilnehmer, damit mit der Umsetzung des Unternehmens bereits vor Erlass und Ausführung des Flurbereinigungsplans begonnen werden kann. So können die mit dem Unternehmen verbundenen Eingriffe im Flurbereinigungsplan sachgerecht bewältigt werden. Deshalb ist es erforderlich, die Ausführung des Unternehmens für diese Baumaßnahmen vorzuziehen.

Den betroffenen Eigentümern wurde vor Erlass der Anordnung angeboten, eine Besitzüberlassungsvereinbarung mit einvernehmlicher Entschädigungsregelung abzuschließen.

Die formellen und materiellen Voraussetzungen für den Erlass dieser Anordnung liegen somit vor.

Rechtsbehelfsbelehrung

 

Gegen diese vorläufige Anordnung kann binnen eines Monats bei der Flurbereinigungsbe­hörde, dem

Amt für Bodenmanagement Limburg a. d. Lahn,

Berner Straße 11,

65552 Limburg a. d. Lahn,

Widerspruch erhoben werden.

Die Frist wird auch gewahrt, wenn der Widerspruch bei der oberen Flurbereinigungsbe­hörde, dem

Hessischen Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation,

Schaperstraße 16,

65195 Wiesbaden

erhoben wird.

Der Lauf der Frist beginnt mit dem Tag der Veröffentlichung dieser vorläufigen Anordnung.

Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben. 

III         Anordnung der sofortigen Vollziehung 

Die sofortige Vollziehung dieses Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung vom 19.03.1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Artikel 5 (Abs. 24) des Gesetzes vom 21.06.2019 (BGBl. I Nr. 23 S. 846), wird angeordnet mit der Folge, dass Rechtsbehelfe gegen ihn keine aufschiebende Wirkung haben.

 

Begründung

Die sofortige Vollziehung dieser vorläufigen Anordnung ist nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anzuordnen, weil die reibungslose Abwicklung der Baumaßnahme im allgemeinen öffentli­chen Interesse liegt und keinen Aufschub duldet. Sie muss aus den nachfolgend aufgeführten Gründen erfolgen: 

Der Bedarfsplan für Bundesfernstraßen sieht einen Ausbau der B 8 auf Höhe Bad Camberg im „vordringlichen Bedarf“ vor.

Die Antragsbegründung zur Planfeststellung nennt unter anderem folgende Sachverhalte: „In den Ortsdurchfahrten ist die B 8 durch einen hohen Anteil an Durchgangsverkehr gekennzeichnet. Im Bereich der Einmündungen der L 3030 (von und nach Dauborn/Gnadenthal/Waldems) und der L 3031 (Autobahnanschlussstelle Bad Camberg an der A 3) kommt es zu täglichen Aufstauungen und den damit verbundenen hohen Immissionsbelastungen innerhalb der Ortskerne. Ausbauten der Knotenpunkte sind aufgrund der bestehenden Randbebauungen nicht möglich. Zur verkehrlichen Entlastung der einzelnen Stadtteile kommt nur der Bau einer Ortsumgehung in Betracht. Nur damit kann die straßenbauliche und verkehrliche Situation in der als Luftkurort und Kneipheilbad ausgewiesenen Stadt Bad Camberg erreicht werden. Als Folge davon kann eine deutliche Verkehrsberuhigung erreicht und die Funktionsfähigkeit der städtischen Straßen und Knotenpunkte wiederhergestellt werden.“ (S. 65 des Planfeststellungsbeschlusses)

Auf die weiteren Inhalte der Planfeststellung, insbesondere auf die Entscheidungsgründe und Planrechtfertigung wird verwiesen.

Der Planfeststellungsbeschluss für diese Baumaßnahme hat am 31.01.2017 Bestandskraft erlangt. Er ist mit Sofortvollzug versehen.

Erst im Zuge des Flurbereinigungsverfahrens kann zu Gunsten des Unternehmensträgers der Besitz und die Nutzung der für die Straßenbaumaßnahme benötigten Flächen – mit Regelung der Entschädigung für die Betroffenen – als Voraussetzung für den Baubeginn sichergestellt werden.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Unternehmensträger nicht über alle benötigten Flächen lagerichtig verfügt.

Die Einhaltung des festgelegten Bauzeitplans ist aus wirtschaftlichen und technischen Gründen unbedingt erforderlich und setzt die Verfügbarkeit der von dem Beginn der Baumaßnahme betroffenen Fläche voraus.

Die sachgerechte Verwendung der für das Haushaltsjahr bereitgestellten öffentlichen Mittel erfordert einen planmäßigen und fristgerechten Ausbau der Maßnahme. Damit ist die Dringlichkeit der Maßnahme gegeben.

Die sofortige Vollziehung dieser Anordnung liegt ferner im Interesse der Grundstückseigentümer, deren Grund und Boden oder Landbewirtschaftung von der Baumaßnahme betroffen sind und die berechtigt erwarten können, dass die Benachteiligungen möglichst rasch behoben werden.

Damit überwiegt sowohl das allgemeine öffentliche Interesse als auch das überwiegende Interesse der Beteiligten an der sofortigen Vollziehung der vorläufigen Anordnung gegen­über den möglichen privaten Interessen an der Erhaltung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs und Anfechtungsklage eines einzelnen Beteiligten.

Rechtsbehelfsbelehrung

Nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung kann auf Antrag der

Hessische Verwaltungsgerichtshof

- Flurbereinigungsgericht -

Goethestraße 41+43, 34119 Kassel

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise wiederherstellen. Dieser Antrag ist schriftlich zu stellen oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erklären.

IV        Hinweise

  1. Die Flächen für dauerhafte- und vorübergehende Inanspruchnahme sind in den Grunderwerbplänen farbig dargestellt (braun = dauerhafte Inanspruchnahme, grün = vorübergehende Inanspruchnahme).
  2. Die Pläne sowie ein Abdruck dieser Anordnung liegen ab sofort 1 Monat lang bei der Stadtverwaltung Bad Camberg im Stadtbauamt Obertorstraße 10, 65520 Bad Camberg und beim Amt für Bodenmanagement Limburg an der Lahn, Abteilung 2, Berner Straße 11, 65552 Limburg a. d. Lahn, jeweils während der allgemeinen Dienstzeit, sowie zusätzlich bei dem Vorsitzenden des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft, Herrn Christoph Müller, Alsdorfer Str. 1a, 65520 Bad Camberg-Würges (nach vorheriger Rücksprache) zur Einsichtnahme für die Beteiligten aus. 
  3. Die vorläufige Anordnung und die zugehörigen Pläne können ebenfalls im Internet unter https://hvbg.hessen.de/bodenmanagement/flurbereinigungsverfahren/bad-camberg-b8, Downloads – Anordnung, eingesehen werden. 
  4. Die Eigentümer und Bewirtschafter, mit denen bereits Besitzüberlassungs­vereinbarungen geschlossen worden sind, sind von dieser Anordnung nicht betroffen. Die Besitzüberlassung bleibt somit bestehen und wird nicht durch die Anordnung ersetzt.

V         Datenschutz 

Die Datenschutzerklärung für das Flurbereinigungsverfahren kann im Internet unter der Internetadresse https://hvbg.hessen.de/datenschutz eingesehen werden.  


Limburg an der Lahn, den 16.08.2023                                                                                                  (LS) Im Auftrag
Schmitt, Christian
(Verfahrensleiter)